Das UN-Kaufrecht (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, CISG) ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der über das für internationale Warenkaufgeschäfte maßgebliche Recht. Das CISG ist mit der Ratifizierung unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht im Sinne von Art. 3 Nr. 2 EGBGB und findet automatisch Anwendung auf alle Verträge über den Kauf von beweglichen Sachen zwischen einem Käufer oder Verkäufer mit Sitz in Deutschland und seinem Vertragspartner mit einer Niederlassung in einem anderen der 89 Vertragsstaaten (Stand 2018). Ausnahmsweise nicht anwendbar ist das CISG auf Kaufverträge über bestimmte Warengruppen, wie zum Beispiel Verbrauchsgüter, Elektrizität oder Schiffe, außer die Anwendbarkeit des CISG wird von den Vertragsparteien ausdrücklich vertraglich vereinbart. Während es noch vor einigen Jahren durchaus üblich war, das CISG beinahe reflexartig durch vertragliche Vereinbarung auszuschließen, wird inzwischen häufig differenzierter entschieden. Zu Recht, denn aus dem CISG können sich gegenüber einer Gestaltung nach HGB/BGB durchaus Vorteile ergeben.

Tätigkeitsschwerpunkte im UN-Kaufrecht (CISG):

  • Mängel und Gewährleistung im CISG: Mängelanzeigen, Untersuchungs-, Prüfpflichten und Rügepflichten nach Artikel 38 und 39 CISG;
  • Haftungsfragen: Haftungsausschlüsse und Haftungsbegrenzung in internationalen Warenkaufverträgen;
  • Schadensersatz: Geltendmachung von Schadensersatz im Anwendungsbereich des CISG;

Das CISG aus Sicht eines deutschen Rechtsanwenders

Das Regelungssystem des CISG hat eine strukturelle Ähnlichkeit mit dem des BGB/HGB. Im Hinblick auf bestimmte Einzelfragen können CISG und BGB/HGB jedoch zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen. In der Vergangenheit war der Ausschluss des CISG durchaus verbreitet. Eine Klausel, wie zum Beispiel „Auf diesen Vertrag ist das Sachrecht der Bundesrepublik Deutschland unter Ausschluss des Wiener UN-Kaufrechts (CISG) anwendbar.“ war und ist immer weit verbreitet in internationalen Kaufverträgen über die Lieferung von Waren. Diese Gestaltung ist für den deutschen Rechtsanwender, egal ob dieser als Importeur oder Exporteuer handelt, nicht immer vorteilhaft. Denn setzt man sich mit Regelungen und Anwendungspraxis des CISG genauer auseinander, so können sich Vorteile gegenüber einem BGB/HGB Vertragsstatut ergeben. Hierzu bedarf es vorab einer gründlichen Auseinandersetzung mit den vertraglichen und geschäftlichen Gestaltungen im Einzelfall. Praktische Erfahrung zeigt, dass diese Mühe lohnen kann.

Bevorzugt das CISG den Importeur oder Exporteur?

Das CISG bevorzugt weder strukturell den Importeur, noch den Exporteur. Viele Bestimmungen des CISG sind dispositiv und können vertraglich abgeändert werden. Entsprechend ist es möglich, auf Grundlage des CISG Warenlieferverträge auszuarbeiten, die besonderen Risiko- und Haftungsprofilen entsprechen und dadurch auf die jeweils typischen Bedürfnisse eines Exporteurs oder Importeurs hinsichtlich anzupassen.

Anwendbarkeit des CISG

Die Voraussetzung und Ausschlusstatbestände für die Anwendung des CISG sind in 6 Artikeln des I. Kapitels abschließend geregelt.

Kaufvertrag über Waren

Das CISG ist unmittelbar anwendbares innerstaatliches deutsches Recht im Sinne des Art. 3 Nr. 2 EGBGB und findet unter den folgenden Bedingungen Anwendung:

Gegenstand des Rechtsverhältnisses muss nach Art. 1 Abs. 1 CISG ein Kaufvertrag über Waren sein. Auf die Art der Waren und ihre beabsichtigte Verwendung kommt es nicht an. Die Anwendung des CISG ist nach Art. 2 in den folgenden Fällen ausgeschlossen:

  • Bei Kaufverträgen über Waren für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt. Ausnahmsweise findet das CISG aber auch auf solche Verträge Anwendung, wenn der Verkäufer vor oder bei Vertragsschluss nicht wusste oder wissen musste, dass der Verkäufer die Waren zu den vorgenannten Zwecken erwirbt.
  • Bei Erwerb durch Versteigerungen.
  • Bei Erwerbsakten auf Grund von hoheitlichen Maßnahmen (z.B. Zwangsvollstreckung oder gerichtliche Maßnahmen).
  • Kaufverträge über Wertpapiere oder Zahlungsmittel.
  • Kaufverträge über Seeschiffe, Binnenschiffe, Luftkissenfahrzeuge oder Luftfahrzeuge.
  • Kaufverträge über elektrische Energie.

Kaufvertrag mit Auslandsberührung

Die Parteien oder ihre am Rechtsgeschäft beteiligten Niederlassungen müssen ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten des CISG haben. Alternativ findet das CISG aber auch dann auf den Vertrag Anwendung, wenn die Regelungen des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates des CISG führen.

Anwendung des CISG auf Werkverträge

Nach Art. 3 Abs. 1 ist das CISG auch auf Verträge über die Lieferung noch herzustellender oder zu erzeugender Waren anwendbar, sofern nicht der Besteller einen wesentlichen Teil der für die Herstellung oder Erzeugung notwendigen Stoffe selbst bereitstellt. Eine weitere Einschränkung enthält Art. 3 Abs. 2, wonach das CISG auch nicht auf solche Verträge anzuwenden ist, bei denen die Ausführung von Arbeiten oder Dienstleistungen die überwiegende Pflicht der liefernden Partei darstellt.
Praktisch ist das CISG danach auch auf Werklieferungsverträge im Sinne des § 650 BGB anwendbar. Daneben ist eine Anwendbarkeit des CISG in Einzelfällen auch bei klassischen Werkverträgen außerhalb des § 650 BGB denkbar. Die damit einhergehende Abgrenzungsproblematik ist für die Vertragsgestaltung sehr relevant.